Je suis ...
Warum nur Charlie?
Ich hoffe die Doppeldeutigkeit meiner Frage ist keinem entgangen.
Einmal mehr hat sich mit dem Attentat in Frankreich gezeigt wieviel Angst manch durchgeknallte Seele vor Stift und Papier hat.
Gottes Fußvolk (in welcher Religion auch immer) war immer schon etwas eigenartig. In seinem blinden Gehorsam vergisst so manch ein selbsternannter Gotteskrieger, dass Gott des Menschen Hirn, und die Artikel in einem Schreibwarengschäft, geschaffen hat. Warum? Um sie zu nutzen. Jedoch, einige Hirne scheinen eine Fehlproduktion zu sein, wie manch ein Stift auch nicht immer so will.
Es ist beeindruckend wie viele Menschen in ganz Frankreich, und nicht nur dort, heute auf die Straße gingen. Vereint mit 50 Regierungschefs, für Meinungsfreiheit und westliche Werte. Das ist gut und richtig. Ein Zeichen das hoffentlich vereint. Christen, Muslime, Juden, Atheisten. Menschen eben.
Das gab es wohl so noch nie, das muss es hoffentlich nie wieder geben.
Obwohl, es wird ein frommer Wunsch bleiben.
Das gab es wohl so noch nie, das muss es hoffentlich nie wieder geben.
Obwohl, es wird ein frommer Wunsch bleiben.
Jedoch, sind die terroristischen Attentate in Europa, den vereinigten Staaten, nur die Spitze des Eisberges, das berühmte Haar in der Suppe. Das i-Tüpfelchen.
Die Welt ist zu klein um zu verdrängen was jeden Tag auf ihr geschieht. Seit mehr als drei Jahren durchleben Menschen jeden Tag, was gerade in Paris geschehen ist. ISIS, al-Quaida, Boko Haram. Um die Schlimmsten zu nennen. Und die Opfer sind meist Muslime, das nur nebenbei.
Wo ist da der Aufschrei, wo die Solidarität?
Hier werden wieder Symptome betrauert und bekämpft, die Ursache bleibt bestehen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass es nur seine kleine Kundgebungen, leider keine große Solidarisierung, für zum Beispiel Raif Badawi gibt. Amnesty International weisst seit längerem auf die unmenschliche Strafe hin, die Saudi-Arabien für ihn ausgesprochen hat:
10 Jahre Gefängnis und 1000 Peitscheinhiebe.
50 Peitschenhiebe jeden Freitag, bis die tausend voll sind. Also 20 Freitage. 19 hat er noch vor sich. Kann ein Mensch das überleben?
Warum er dazu verurteilt wurde? Weil er sich für das einsetzt, was wir hier "nur" verteidigen müssen. Für Freiheit und Menschenrechte. Werte, die in Saudi-Arabien nicht unbedingt an erster Stelle stehen.
1000 Peitschenhiebe für einen selbsternannten Gotteskrieger, da hätte ich Verständnis. Aber so.
Und was hat das mit dem Islam zu tun? Wahrscheinlich genausoviel wie Radieschen mit Turnschuhen. Nichts. Es geht um Macht und Größenwahn. So hat die Kirche bei den Inquisitionen das Volk gefügig gemacht. So geht es heute weiter.
Es sind aber Menschen wie Raif Badawi, die diese Welt in eine bessere verwandeln können. Es sind Menschen wie wir, die hier Solidarität zeigen müssen.
Warum also nur Charlie, warum nicht auch Raif?
Kommentare
Wenn ich dann gestern im Weltspiegel erfahre, dass in Aleppo ehemalige Schüler einer französischen Schule auch mit "je suis charlie" den Opfern von Paris gedenken finde ich das nicht nur berührend, sondern gleichzeitig beschämend. Ich glaube die Syrer haben zur Zeit andere Sorgen.
Ich poste seit dem 13.1. jeden Freitag zu Raif Badawi und habe u.a. sämtliche Politiker, die sich auf Besuch nach Saudi Arabien aufmachen, mit meinen Briefen/Mails bedacht. Wenn ich etwas hasse, dann Scheinheiligkeit seit Kindertagen, egal welcher religiösen Couleur. Und eigentlich hatte ich seit meinem Kirchenaustritt vor 45 Jahren vorgehabt, in einer laizistischen Gesellschaftsordnung zu leben. Aber das gelingt mir nicht und ich muss mich immer wieder Fragen der Religion stellen.
Übrigens war ich 1980 in Ägypten ( unser Trauzeuge kam aus Kairo ) und denke gerne daran zurück, wie unbehelligt wir die Stadt durchstreifen konnten und wie herzlich wir auf dem Lande von der bäuerlichen Bevölkerung willkommen geheißen wurden. Ich glaube, das lässt sich so nicht mehr wiederholen und ist ein großer Erinnerungsschatz. Ich habe auch eine Zeit lang viel Literatur aus Nordafrika gelesen. Dieser Teil der Erde ist aber so etwas aus meinem Blickfeld geraten.
Ich trage mich mal in deine Leserliste ein, denn ich finde es bei dir interessant.
LG
Astrid
Die Ägypter auf dem Land sind immer noch sehr herzlich, zumindest habe ich sie so kennengelernt. Allerdings verändert sich der Blick auf die Gesellschaft je mehr man über sie erfährt und erliest.