Alaa al-Aswani - Im Land Ägypten

Fischer Taschenbuch - ISBN: 3596194091

 Klappentext 
"Die ägyptische Revolution im Januar 2011 ist nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern wurde von mutigen Köpfen lange Zeit vorbereitet. Unter ihnen der bedeutende Autor Alaa al-Aswani, dessen Roman "Der Jakubijân-Bau" ein internationaler Bestseller war. In seiner wöchentlichen Zeitungskolumne entblößte er politische und gesellschaftliche Missstände des Mubarakregimes und rief zur Einhaltung von Menschenwürde und Menschenrechten auf. Es sind brillante und brisante Essays, die nicht nur die Ursachen der Revolution offenlegen, sondern aktiv zum Heranreifen der Revolution beitrufen: "Demokratie ist die Lösung"!"










Am Vorabend der Revolution, so der Untertitel dieses Buches, lässt direkt die Frage aufkommen warum es denn erst nach der Revolution auf deutsch erschienen ist, denn die in diesem Buch gesammelten Kolumnen von al-Aswani datieren von 2005 bis 2010.
Wäre dieses Buch bereits vor der Revolution erschienen hätte die westliche Welt nicht von einer plötzlichen und unerwarteten Revolution sprechen können, denn Widerstand gegen das bestehende Regime macht sich, zumindest laut den Essays, schon länger in Ägypten breit. Es wird zum Beispiel auf die Kifaya-Bewegung (Es reicht) hingewiesen, welche bereits seit 2004 ein demokratisches Ägypten einfordert. Diese Essays sind ein wirkliches Zeitzeugnis über die Vorgänge in Ägypten und lassen den westlichem Leser teilweise vor Grauen die Haare zu Berge stehen. Ich weiß nicht ob es nach dieser Lektüre noch ein Argument für Mubarak geben kann.
Al-Aswani erklärt sehr beeindruckend wie eine Diktatur funktioniert und sich trotz allem dabei selber aushöhlt: 
"Da ein despotisches Regime Loyalität für wichtiger hält als Kompetenz, also Jobs an loyale Anhänger vergibt, die meist - objektiv betrachtet - nicht über die nötige Eignung verfügen, fürchten diese Personen das Auftreten jedweder kompetenten Figunr, die ihre Stelle übernehmen könnte. [...] All das führt am Ende dazu, daß der Staat in jedem Aufgabengebiet versagt, bis das Land schließlich ganz unten angelangt ist."
Es gibt Beschreibungen über Folter, das Verschwinden von Personen als Machtdemonstation. Aber auch die Religion wird kritisiert. Zum einen die Kopten, welche Hilfe von außen erbeten und nicht innerhalb Ägyptens Gleichheit und Freiheit für alle Ägypter wünschen, wie auch die Moslems, denen er mangelndes Islamverständnis vorwirft
"Das sind Leute, die beim Anblick einer nackten Schauspielerin aufkreischen und wilde Kampagnen gegen Schönheitswettbewerbe führen, die aber angesichts der Despotie und der Repression kein einziges Wort finden, ja, die sich dem ungerechten Tyrannen gegenüber unterwürfig zeigen und an Rebellion nicht einmal denken."
Er prangert an, dass es in den Gefängnissen, wo Folterungen an der Tagesordnung sind, Gebetsräume gibt in denen der Folterknecht seine Pflichtgebete zur vorgeschriebenen Zeit absolviert um sich dann wieder seiner Folterarbeit zuzuwenden. Religiöses Rechtsverständnis sieht anders aus. Er macht den -saudi-arabischen Einfluss mit seinem wahabitischen Islam mitverantwortlich für die Lage der Ägypter, einschl. der Unterdrückung der Frau, denn
"Wahrer Islam ist Demokratie"
Jede Kolumne erscheint als Reaktion auf ein Vorkommnis in Ägypten, der Autor bezieht darauf hin in einer Zeitung Stellung. Dieses Buch macht es westlich geprägten Menschen zumindest leichter zu verstehen was gerade in der arabischen Welt geschieht und hilft vielleicht seine bisherige Einstellung zu den Dingen zu überdenken, auch wenn man nicht immer die Meinung von Alaa al-Aswani teilen muss.

Dieser schlichte und doch einfache Satz welcher fast jedes Essay in dem Buch beendet "Demokratie ist die Lösung" ist wohl mehr als eine Antwort gegen die Diktatur des Mubarakregimes. Dieser Satz wendet sich auch gegen eine Diktatur der Islamisten, die den Satz "Der Islam ist die Lösung" seit mehreren Jahren in Moscheen verbreiten. Hier einen Bezug herzustellen ergibt sich für mich durch meine derzeitige Lektüre "Nasr Hamid Abu Zaid - Ein Leben mit dem Islam"

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