Liebeserklärung an die Vielfalt - Eine Botschaft nicht nur zur Weihnachtszeit
Über den Blog Gourmandises végétariennes bin ich auf diese Weihnachtsbotschaft gestoßen. Es liegt mir sehr am Herzen diese zu teilen, der ein oder andere mag es mir gleichtun.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich seinen Ängsten stellen muss.
Wer in Dresden oder anderswo hatte denn schon einmal persönlichen Kontakt zu Muslimen? Wer war schon einmal in einem muslimischen Land? Wer Kontakte herstellt, hier oder im Urlaub, wird erkennen, dass es Menschen sind wie du und ich, nicht mehr und nicht weniger.
Ja, Ängste dürfen geäußert werden, nur dann können sie aufgelöst werden. Aber bitte nicht mit platten Parolen.
Über den Versuch Kinderbücher zu entdiskriminieren konnte ich wahrlich nur lachen, bei Pegida bleibt mir dieses im Halse stecken.
Warum? Darum:
Ich kenne Äußerungen wie zum Beispiel:
"Wir sind da weggezogen, da kamen jetzt Ausländer ins Haus".
"Mein Vater / Mann (aus der Sicht meiner Mutter) ist auch Ausländer".
"Ja, aber das ist doch ganz was anderes!" Aha, was denn, wenn ich mal fragen darf?
In erster Linie sind wir Menschen, überall auf der Welt, das sollte nicht vergessen werden.
Liebeserklärung an die Vielfalt - eine Weihnachtsbotschaft
In den letzten Wochen haben Menschen in Dresden und anderswo Angst, Kälte, Kleinmut, Rassimus, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit auf die Straße getragen. Wir sind nicht nur verunsichert, sondern sehen das friedliche Zusammenleben in diesem Land erschüttert. Was wir in Dresden sehen, sind nicht die üblichen Nazis, aber Menschen, die letztlich die gleiche menschenverachtende Ideologie verbreiten.
Doch unser Land sieht anders aus.
Wir leben schon heute Vielfalt.
Wir
finden es normal, dass der marrokanische Schwager mit uns Weihnachten
feiert. Und es dann kein Schweinefleisch zu Essen gibt. Wir haben
Freundinnen und Freunde aus Russland, Usbekistan, Mali, Österreich und
Tunesien. Wir lernen von anderen und merken, dass andere von uns
lernen. Das ist Zusammenleben, auch wenn wir manchmal Dinge nicht
verstehen. Wir interessieren uns für andere Kulturen, Religionen und
Ansichten und werden niemanden eine Kultur überstülpen.
Wir
gehen mit muslimischen Bosniern und Iranern und ihren Kindern zusammen
auf den Martinsumzug, weil uns allen das Teilen und das Ritual mit den
Laternen so gut gefällt. Wir sind gerührt, wenn die 5-jährige Nichte
sagt, dass sie in weniger Ländern Ausländerin sei als eine Deutsche,
weil sie nämlich zwei Pässe habe.
Wir
trinken augenzwinkernd mit Moslems guten Wein und lachen zusammen. Wir
trinken Tee beim Opferfest und erkennen, dass Nächstenliebe nicht nur
beim christlichen Weihnachtsfest seinen Platz hat und Alkohol trinken
nicht zwingend für Geselligkeit nötig ist.
Wir
sind neugierig, was der russische Oberst, den wir kennenlernen, zu
erzählen hat. Wir sehen Begegnung als Bereicherung des Lebens. Sie
eröffnet Perspektiven, die wir davor noch gar nicht erahnen konnten. Wir
lachen verschmitzt mit der häkelnden türkischen Oma in der U-Bahn über
eine skurille Situation. Und freuen uns über ihr Gesicht, das wir noch
Jahre später vor Augen haben. Uns werden täglich die Augen geöffnet
von der Vielfalt, die auf uns einprasselt.
Wir
lernen Sprachen in der Schule und können uns damit auf der ganzen Welt
verständigen. Wir haben keine Angst, wenn Kinder aus aller Herren und
Frauen Länder mit unseren Kindern in den Kindergarten und die Schule
gehen. Weil unsere Kinder so von klein auf interkulturell lernen. Weil
für sie Vielfalt normaler sein wird als für uns.
Wir
sehen wie liebevoll eine Bulgarin unsere Großeltern pflegt, wie fair
der pakistanische Junge in der E-Jugend Fußball spielt. Wir erinnern
uns an den Geschmack von Kardamom, der in einem Tee war, der uns
angeboten wurde.
Wir
sind nicht stolz auf den Ausgang der Geburtslotterie, die den einen zum
Deutschen und die andere zur Bolivianerin macht. Wir leben und lieben
in binationalen Beziehungen und Ehen. Wir ziehen unsere Kinder
zweisprachig auf, damit sie mit ihren Großeltern im Ausland reden
können.
Wir
sehen den Austausch der Kulturen als Bereicherung unseres Lebens, egal
ob wir dabei portugiesischen Weichkäse oder iranische Heavy Metal Bands
kennenlernen. Wir lachen über den serbischen Film, nordamerikanische
Serien und Karnevalsbräuche in Ecuador.
Wir
übernehmen Wörter aus anderen Ländern in unseren Sprachschatz, weil wir
Dinge so besser ausdrücken können. Wir übernehmen Feste und Bräuche
und stellen auf einmal ausgehöhlte Kürbisse ins Fenster. Wir sind
überzeugt davon, dass Kulturen und Sprachen erst dadurch leben, dass
sie sich vermengen, vermischen, bereichern und befruchten.
Wir
wollen in einem Land leben, das Menschen auf der Flucht offensteht. Wir
leben in einem Einwanderungsland und wir wollen eine Willkommenskultur
anstatt die Mauern um Europa zu vergrößern. Wir sind entsetzt darüber,
dass so viele Menschen an den Außengrenzen sterben. Wir verstehen,
dass Menschen fliehen, egal aus welchem Grund. Wir wollen Flüchtenden
ein neues Zuhause geben und die Möglichkeit, frei und in Würde zu
leben. Ohne uns dabei auf die Schulter zu klopfen.
Wir
sind überzeugt, dass wir zusammen den richtigen Weg finden können, der
allen Teilen der Gesellschaft Rechnung trägt. Diese Auseindersetzung
wird nicht immer einfach sein, sondern manchmal auch von Konflikten
geprägt. Diese Konflikte wollen wir konstruktiv, friedlich und mit
Respekt austragen und verhandeln. Dabei ist Migrationshintergrund für
uns ein Zeichen der Stärke und Lebendigkeit der Gesellschaft.
In
unserem Land ist es egal, welches Geschlecht jemand hat oder sich
selbst zuschreibt. Es ist egal, wer wen einvernehmlich liebt. In unserem
Land sind alle Menschen gleich. In unserem Land wollen wir sozial
gerecht zusammen leben und gemeinsam die richtigen Fragen für die
Zukunft stellen. Wir werden diejenigen politisch herausfordern, die
soziale Spaltung vorantreiben oder Umverteilung verhindern. Wir wollen
gelebte Solidarität, Mitgefühl und Empathie statt sozialer Kälte,
Egoismus und deutschen Volksgenossen.
Zusammenleben
und Austausch von Kulturen heißt für uns nicht Aufgabe von Werten,
Ethik und Idealen. Vielmehr sehen wir, dass es Werte gibt, die in jeder
Kultur zuhause sind. Auf ihnen bauen wir auf. Eine vielfältige
Gesellschaft ist nicht einfach: Wir diskutieren hart in der Sache, wenn
uns etwas nicht passt, aber wir finden gemeinsam Grenzen und
Leitplanken des Zusammenlebens.
Wir
stehen an der Seite aller Menschen in diesem Land, die friedlich und
respektvoll miteinander leben wollen. Egal wo sie herkommen oder welche
Religion sie haben. Egal ob sie eine andere Sprache sprechen oder
andere Sitten und Gebräuche haben.
Wir wollen einfach zusammen leben. Wir wissen auch, dass viele der Ideale noch nicht umgesetzt sind.
Das heißt für uns:
Wir
werden hasserfüllten Angsthasen, Rassisten und Fremdenfeinden dieses
Land nicht überlassen, sondern an einer offenen und vielfältigen
Gesellschaft weiterarbeiten. Was wir in Dresden und anderswo sehen ist
nicht die Mitte der Gesellschaft, sondern Deckungsmasse von Nazis und
Brandstiftern. Sie stellen nicht die richtigen Fragen, sondern treten
nach unten. Sie sind diejenigen, die einer toleranten und freien
Gesellschaft und Kultur im Wege stehen.
Wir
danken deshalb all den Menschen, deren Ur-Großeltern, Großeltern,
Eltern oder die selbst aus einem anderen Land hierher gekommen sind von
ganzem Herzen, dass sie hier sind. Wir danken ihnen, dass wir Neues
kennenlernen dürfen. Wir danken ihnen, dass wir immer wieder neu über
uns nachdenken. Wir danken ihnen für eine ständige Neusausrichtung von
dem, was wir unsere gewachsene Kultur nennen.
Zukunft geht nur zusammen.
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Verbreitet die Liebeserklärung an die Vielfalt. Sie soll überall
auftauchen, an ihr soll kein Weg vorbeiführen. Bloggt diese
Weihnachtsbotschaft, postet sie auf Facebook, fotografiert sie für
Instagram, verlinkt sie, twittert sie, leitet sie weiter, schickt sie
per Mail, vertont sie, macht Videos, druckt sie aus, hängt sie auf,
plakatiert. Macht eine Lawine daraus, eine frohe Botschaft der
Menschlichkeit, eine Liebeserklärung an die Vielfalt, einen Appell für
das friedliche Zusammenleben. Und dann geht auf die Straße und
demonstriert. Wir sind viel mehr als wir denken.
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Mischa