Ben Becker - Ich, Judas
"Einer unter euch wird mich verraten"
Ben Becker gibt den Judas nach einem Text von Walter Jens "Die Verteidigungsrede des Judas Ischariot".
Ich gestehe, bis dahin war mir der Autor kein Begriff, Ben Becker dafür umso mehr. Ich mag ihn als Schauspieler, habe ihn schon in "Die Bibel" live gesehen und finde seine Unangepasstheit, gepart mit dieser leichten Arroganz, einfach wunderbar. Von daher wollte ich unbedingt an einem dieser Abende teilnehmen.
Donnerstag durfte ich Ben Becker als Judas in der Johanniskirche in Düsseldorf live erleben.
Es beginnt mit einem Orgelvorspiel, um dann Ben Becker ein wenig aus dem Matthäusevangelium zu Judas vortragen zu lassen. Im Anschluss folgt Kapitel 47 aus Amos Oz' Roman "Judas". Ben Becker steht dabei in einem weißen Anzug an einem Rednerpult und liest das Kapitel des Romans von DIN A4 Blättern ab. Mit feinen Gesten wird das Gelesene unterstrichen und alleine die Stimme weiß mich schon in ihren Bann zu ziehen.
Danach verschwindet er kurz um mit einem weißen Mantel (ich habe nachgelesen er sei aus Lammleder), wieder in den Altarraum zurück zu kehren und seine Performance als Judas beginnt.
Der Altarraum wird zur Bühne. Vor dem Rednerpult, an einem installierten Tisch, auf dem Tisch, dem Kreuz zugewandt und bis in das Publikum hinein bewegt sich Becker. Ich kann es nicht anders sagen, ich hing gebannt an seinen Lippen, soweit das von der Empore aus möglich war. Ich will mich gar nicht beschweren, der Platz war gut.
Wie schon erwähnt, war mir Walter Jens bisher kein Begriff und der Text mag gelesen wohl recht trocken daher kommen. Nicht an diesem Abend. Laut, schreiend, leise, ja fast weinend, verzweifelt und wütend, weiß Becker die Gefühle des Judas zu interpretieren. Ein zweitausend Jahre alter Judas, der sich rechtfertigt, mit sich hadert, sich und Jesus als Opfer sieht. Er, Judas, war Teil eines großen Plans. Ohne ihn wäre Jesus nicht am Kreuz gestorben, wäre das Christentum nicht geworden. Das alles für lächerliche 30 Silberlinge, für die man nur einen gebrauchten Anzug oder alten Sklaven bekommen würde. Eine Summe, die ihn Beginn von Anfang an als Verräter doch nur verhöhnt hätte.
Ist Judas also schuldig, oder Gott genauso ergeben wie Jesus, jeder in der ihm zugedachten Rolle?
Judas - Die Juden. Die Vernichtung der Juden im 2ten Weltkrieg, alles kommt vor, wobei Ben Becker ganz fein einen Bogen zur aktuellen Flüchtlingssituation zu schlagen vermag.
Nach gut 1 Stunde und 45 Minuten war die One-Man-Show vorbei und ich merkte wie angespannt ich der Performance und dem Text gefolgt bin. Mehr als verdient gab es stehende Ovationen und Ben Becker bedankte sich bei uns, seinem Publikum, welches er sehr lieben würde. Nur Lilith, seine Tochter, sei seine größte Liebe. So soll es sein.
Ich bin natürlich nicht ohne die Biografie von Ben Becker "Na und, ich tanze" zu diesem Abend gefahren. Kleine Räumlichkeiten vergrößern die Chance auf ein Autogramm, so mein Gedanke.
Nach der Kunst ging ich zielstrebig in Richtung der Tür, durch welche das Objekt meiner Autogrammbegierde verschwunden war. Mir wurde mitgeteilt, Herr Becker gebe keine Autogramme, vielleicht hätte ich aber Glück, wenn ich so 20 Minuten Geduld hätte, dann würde er die Kirche verlassen, vielleicht würde er sich ja erbarmen.
Also raus aus der Kirche zum Beckermobil um der Dinge zu harren, die da kommen würden.
Die Menschenmasse war recht überschaubar. Zwei Personen mit den Utensilien für ein Wunschautogramm in den Händen, ein Mann und ich. Und drei Sympathisanten, einer davon war meine Begleitung.
Die schönsten Geschichten schreibt natürlich das Leben selbst. Die beiden fremden Sympathieträger hatten wohl etwas andere Vorstellungen von dem Abend gehabt. Der eine Mann hatte die Karte seinem Kumpel zum Geburtstag geschenkt, in dem Glauben, es sei eine Satireveranstaltung. Die eigentliche Satire kam aber am Abend: der Kartenverschenker verließ währen der Vorstellung die Räumlichkeiten um das WC aufzusuchen, kam nicht mehr rein und suchte dann draußen sein Glück in Form eines Bieres. Jedoch, weit und breit kein Kiosk in Sicht.
Statt Ben Becker trat nun eine kleine nikotinabhängige Fee der Crew aus der Kirche um eine zu rauchen. Während dessen fragte sie uns ob wir auf ein Autogramm warten würden, sie würde sich darum kümmern. Ein paar Minuten später hatten wir unsere Autogramme, mit Widmung. Ein gelungener Abschluss eines tollen Abends.
Anbei noch zwei Videos bei Youtube zu dem Thema:
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